Cold bodies, warm machines – Kunst und Technologie nach dem Menschen

Cold Bodies

Cold bodies, warm machines – Kunst und Technologie nach dem Menschen

NRW-FORUM DÜSSELDORF
FR, 09.11. – SO, 11.11.2016

Büro medienwerk.nrwKonferenz

Die Konferenz Cold bodies, warm machines – Kunst und Technologie nach dem Menschen (organisiert vom Büro medienwerk.nrw) nahm aktuelle Konzepte in den digitalen Technologien wie „Affective computing“, Utopien der Kybernetisierung der Körper sowie Tendenzen in der Künstliche-Intelligenz-Forschung zum Anlass, das Verhältnis zwischen Mensch und Maschine neu zu befragen: Welche Grenzen verschieben sich aktuell zwischen der Sphäre des Lebendigen und der Sphäre des Künstlichen? In Vorträgen, Gesprächen, künstlerischen Beiträgen und einem Filmprogramm wurden verschiedene dieser Phänomene erforscht und diskutiert. Was verändert sich, wenn wir Maschinen mit einem immer sensibleren Sensorium entwickeln, die uns und unsere emotionalen Regungen „verstehen“ und einordnen – neue Akteure, die lernen und handeln – während wir unsere eigenen, biologischen Körper zunehmend als optimierbare und programmierbare Ressource begreifen? 

Die Konferenz verfolgte einen interdisziplinären Ansatz: Sie brachte Wissenschaftler*innen, Künstler*innen und interessierte Bürger*innen zusammen, um die tiefgreifenden gesellschaftlichen Veränderungen, die bereits im Gange sind, offensiv zu begleiten und mit Mitteln der Kunst und des Austauschs drei Tage lang komprimierte Zukunftsforschung zu betreiben.

Mit: Ramon Amaro, Inke Arns, Alain Bieber, Andreas Broeckmann, Melanie Bühler, Ami Clarke, Sidsel Meineche Hansen, Laura Hille, Erich Hörl, Felix Hüttemann, Cathrine Kramer, Tasja Langenbach, Kevin Liggieri, Robert M Ochshorn, Luciana Parisi, Sascha Pohflepp, RYBN.ORG, Alexander I. Stingl, Markus Tillmann, Michael Wheeler, Inigo Wilkins 

KEYNOTES

ERICH HÖRL: »TECHNOÖKOLOGISCHE SINNKULTUR (NACH FÉLIX GUATTARI)«
Vor dem Hintergrund der allgemeinen Kybernetisierung der Existenzweisen und der Herausbildung der Environmentalität als medientechnisch implementierte Regierungsform stellte der Vortrag Félix Guattari als Vordenker der neuen, nämlich technoökologischen Sinnkultur vor, die dabei emergiert. Besonderes Augenmerk wurde auf die kritische Reichweite von Guattaris Begriff des Integrierten Weltkapitalismus gelegt, den es mit Blick auf die environmentalitäre Transformation zu reperspektivieren galt.
 

ANDREAS BROECKMANN: »MASCHINENLIEBE UND GESCHWISTERKAMPF. ÜBER DIE BEZIEHUNG VON MENSCHEN UND TECHNIK«
Maschinen treten in vielerlei Erscheinungen auf und sind auf vielfältige Weise definiert worden. Das ganze letzte Jahrhundert hindurch wurde der Begriff jedoch verwendet, um eine polare, wenn nicht gar antagonistische Beziehung zwischen Menschen und Technik zu beschreiben. Der Vortrag diskutierte verschiedene Maschinenkonzepte und machte einen Vorschlag für ein Diagramm, nach dem „die Maschine“ als Ausdruck eines technologischen Paradigmas verstanden werden kann, das nicht so sehr posthumane als vielmehr ganz menschliche Begehren projiziert.

ROBERT M OCHSHORN: »PROTOTYPEN«
Ein Prototyp ist sowohl vorläufig wie beispielhaft und verweist auf eine noch nicht umgesetzte Wirklichkeit. Genauso wie Menschen Werkzeuge und Techniken erschaffen und ihrerseits von ihnen erschaffen werden, muss man auch Software-Prototypen als plumpe Frankenstein-Skizzen einer neuen Person verstehen. Hat diese Person bestimmte Fähigkeiten? Einen Körper? Ist eine „Symbiose“ mit dem Computer möglich, und wenn ja, könnte sie Erkenntnisse hinsichtlich einer künstlichen und statistischen Intelligenz liefern? Überlegungen und Beweisführungen über und in den Medien-/Sprach-Prototypen des Sprechers.

 

PERFORMANCE

AMI CLARKE: ERROR-CORRECTION: AN INTRODUCTION TO FUTURE DIAGRAMS MIT LOW ANIMAL SPIRITS
Error-Correction: An Introduction to Future Diagrams (Take 7) ist Teil in einer fortwährenden Forschungsreihe zu Diagrammen, die themenrelevante Texte, zeitgenössische Kommentare, Nachrichten und anekdotische Spuren aufgreift und weiterverarbeitet, um sie in einer wechselseitigen Konvergenz von vielen miteinander verwobenen Fäden gipfeln zu lassen, wobei die Stimme, anhand von Sprache, „zwischen den Gedanken einer anderen Person und dem Papier“ konstituiert wird. Ausgehend von Jonah Peretti, dem Gründer von BuzzFeed, und dessen Buch Capitalism and Schizophrenia: Contemporary Visual Culture and the Acceleration of Identity Formation/Dissolution, interessiert sich Take 7 vor allem für Materialität, Wesentlichkeit, Algorithmen und eine sich entwickelnde Subjektivität. Low Animal Spirits von Ami Clarke und Richard Cochrane ist ein Algorithmus für Hochfrequenzhandel, der in Echtzeit mit Nachrichten aus der ganzen Welt gespeist wird.
 

FILMPROGRAMM

Das Filmprogramm zu „Cold bodies, warm machines“ erweiterte den Diskursraum der Konferenz ins bewegte Bild und zeigte künstlerische Film- und Videoarbeiten, die verschiedene Facetten der Mensch-Maschine-Beziehung abbildeten und diese, meist kritisch, hinterfragten. Was in frühen Science-Fiction-Filmen noch wie ferne Utopien möglicher androider Lebensformen erschien, ist heute selbstverständlicher Teil unserer Realität. Die fortschreitende Verschmelzung von Mensch, Maschine und Technik im Alltag sowie die zunehmende Kontrolle unserer Lebenswelt durch Datenflüsse und computergesteuerte Hilfsmittel findet damals wie heute ihren Widerhall im bewegten Bild. Im Unterschied zu damals greifen die Künstler*innen dabei heute nicht auf Utopien, sondern auf neueste wissenschaftliche Erkenntnisse und Forschung ebenso zurück wie auf persönliche Alltagserfahrungen. Das Filmprogramm zeigte eine Auswahl von Arbeiten aus den Jahren 2007-2015, die sich mit experimentell-dokumentarischen Formaten, Found-Footage-Collagen und performativen Interventionen den Status Quo der Mensch-Maschine-Relation auseinandersetzen. 

Kuratiert von Tasja Langenbach (Videonale, Bonn)

ABLAUF KONFERENZ

FREITAG 9. SEPT. 2016 

19.30 UHR |  ERÖFFNUNG DER KONFERENZ
(Ruth Schiffer, Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen; Alain Bieber, NRW-Forum Düsseldorf; Fabian Saavedra-Lara und Klaas Werner, Büro medienwerk.nrw)
 
20.00 UHR |  Keynote I: Erich Hörl
»Technoökologische Sinnkultur (nach Félix Guattari)«
 
21.30 – 22.00 UHR | Filmprogramm – erster Teil
 

SAMSTAG 10. SEPT. 2016

11.00 UHR |  Keynote II
Andreas Broeckmann »Maschinenliebe und Geschwisterkampf. Über die Beziehung von Menschen und Technik«
 
12.15 UHR |  Künstlerische Keynote: Robert M Ochshorn »Prototypes«
 
14.15 UHR | Panel 1: Maschinen, die denken und wollen: Neurale Netzwerke, Verhaltensmodellierung und Computermodelle der Kognition (in Kooperation mit Goldsmiths, University of London)
 
16.00 UHR |  Filmprogramm – zweiter Teil
 
17.30 UHR | Panel 2: Neuronale Vernetzung – Kommunikation mit Maschinen
 
19.00 UHR |  Performance von Ami Clarke

 
SONNTAG 11. SEPT. 2016
 
11.30 UHR | Panel 3: Die posthumanistische Schwelle oder: Über die Möglichkeit, sein eigenes Ende zu denken (in Kooperation mit der Mercator-Forschungs- gruppe „Räume anthropologischen Wissens, Ruhr-Universität Bochum)
 
14.00 UHR | Filmprogramm – dritter Teil
 
15.30 UHR | Panel 4: Der Mensch als Maschine – Phantasmen der Optimierung von Geist und Körper
 
17.15 UHR |  Gespräch zwischen Inke Arns (Hartware MedienKunstVerein, Dortmund) und Sascha Pohflepp (Künstler, Berlin/US)
 
18.00 UHR | Veranstaltungsende 


Veranstalter:
 Büro medienwerk.nrw
Träger Büro Medienwerk: Hartware MedienKunstVerein (HMKV) 
Projekt-Team: Programmleitung Fabian Saavedra-Lara (medienwerk.nrw), Programm und Organisation Klaas Werner (medienwerk.nrw), Kuratorin Filmprogramm Tasja Langenbach (Videonale, Bonn) 
Kooperationspartner: NRW-Forum Düsseldorf; Goldsmiths, University of London; Mercator-Forschungsgruppe „Räume anthropologischen Wissens“, angesiedelt an der Ruhr-Universität Bochum

Die Konferenz und das medienwerk.nrw wurden gefördert durch das Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen.

Weitere Förderung: British Council