Eine Veranstaltung des Büro medienwerk.nrw, Africa Positive e.V., Hartware MedienKunstVerein, Interkultur Ruhr und Regionalverband Ruhr (RVR)
Ein Raumfahrtprogramm in Sambia, Spekulationen über die Zukunft Sansibars, ein kleiner Junge träumt im Burkina Faso der 1980er Jahre von Superhelden, und eine Reise zur utopischen Insel Drexciya.
Am 23. Juni 2017 war das Medienkunstprojekt Afro-Tech Fest beim Afro-Ruhr Festival 2017 zu Gast (Veranstalter: Africa Positive e.V.) und lud dazu ein, an einem Kinoabend mit vier Kurzfilmen einen ersten Einblick in die Themen zu bekommen, die Ende Oktober im Rahmen einer internationalen Ausstellung und Festivalwoche in Dortmund vertieft und diskutiert wurden (Eröffnung Afro-Tech Fest: 20.10.2017).
Im Zentrum des Filmprogramms im Juni standen Erzählungen über die Zukunft aus vielfältigen afrikanischen Perspektiven. Ihnen gemeinsam ist ein eigenständiger Blick auf Technologie und auf diverse Mythen der Populärkultur, der herrschende Deutungshoheiten herausfordert. Der Film wird als Medium begriffen, in dem eigene Utopien und Dystopien entworfen werden können.
Die Filmemacher*innen, deren Arbeiten gezeigt wurden, setzen so unterschiedliche wie kreative Gestaltungsmöglichkeiten ein, um diese Imaginationsräume zu schaffen: Die Regisseurin Frances Bodomo z.B. fügt in ihrem Film kurzerhand einen dritten Akteur in die bekannte Geschichte des Wettlaufs zum Mond in den 1960er Jahren hinzu – eine Dorfgemeinschaft in Sambia, die eine eigene Rakete baut. Simon Rittmeier hingegen erzählt von einer Zukunft, in der sich die gegenwärtige „Flüchtlingskrise“ in ihr Gegenteil verkehrt hat: In seinem Film sind es Menschen aus Europa, die sich auf die lebensgefährliche Reise über das Mittelmeer begeben, um in den Ländern Afrikas Zuflucht zu suchen – und manchmal auf einer sagenumwobenen Insel landen, deren Bewohner*innen über unbekannte, fortschrittliche Technologien verfügen.
Alternative Geschichtsschreibung trifft auf Spekulation. Science-Fiction-Erzählungen aus dem „globalen Norden“ treffen auf viel ältere Mythen und Legenden in verschiedenen Regionen Afrikas, stets ausgehend von den sehr realen sozialen und politischen Situationen der Gegenwart.
Der von Alex Moussa Sawadogo (Afrikamera/Berlin) kuratierte Abend ermöglicht einen Einblick in aktuelles Filmschaffen in verschiedenen Ländern Afrikas und will neugierig machen auf die zahlreichen Veranstaltungen und die Ausstellung im Rahmen des Afro-Tech Fests, die später im Jahr von den Kooperationspartnern Hartware MedienKunstVerein (HMKV), Interkultur Ruhr, Africa Positive e.V. und medienwerk.nrw in Dortmund präsentiert wurden.
DAS PROGRAMM:
*1*
Afronauts, Ghana/USA 2014, 14 Min. engl. OF / Regie: Frances Bodomo
Afronauts erzählt eine alternative Geschichte des Wettlaufs zum Mond, basierend auf wahren Begebenheiten. Es ist die Nacht des 16. Juli 1969, die USA bereiten den Abschuss der Apollo 11 vor. Zeitgleich baut im mittlerweile unabhängigen Sambia eine erfinderische Gruppe von Dorfbewohner*innen eine Rakete, um ebenfalls in den „Wettlauf ins All“ einzutreten. Als der Starttermin näher rückt, muss ihre Astronautin – die 17-jährige Matha Mwambwa – entscheiden, ob sie ihr Leben geben will, um die Mythen ihrer Familie aufrechtzuerhalten …
Die ghanaische Filmemacherin Frances Bodomo studierte Film an der Columbia University und an der Tisch School of the Arts der NYU. Ihr erster Kurzfilm „Boneshaker“ (mit Oscar-nominee Quvenzhané Wallis) lief bei mehr als 20 Festivals. „Afronauts“ feierte seine Weltpremiere beim Sundance Festival 2014.
*2*
Twaaga, Burkina Faso/Frankreich 2013, 31 Min. / Original mit englischen UT / Regie: Cédric Ido
Burkina Faso ist 1985 ein Land im Umbruch. Manu, der eine Leidenschaft für Comics hegt, und sein großer Bruder Albert wachsen in einer Zeit auf, in der Unmögliches machbar scheint. Als Albert eines Tages beschließt, ein magisches Ritual zu durchlaufen, das ihn unsichtbar machen soll, realisiert Manu, dass es echte Kräfte gibt, die es mit denen seiner Superhelden aufnehmen können.
Der Burkinabè Cédric Ido arbeitet als Drehbuchautor, Regisseur, Schauspieler, Musiker und Zeichner. 2008 war er als Darsteller in Spike Lees Film „Miracle at St. Anna“ zu sehen. Als Regisseur zeichnet er u.a. für die Fernsehdokumentation „Un ‘Stains‘ de musique“ (2009) und den Kurzfilm „Hasaki Ya Suda“ (2011) verantwortlich.
*3*
Jonah, Tansania/Großbritannien 2013, 17 Min. / englische OF / Regie: Kibwe Tavares
Mbwana und sein bester Freund Juma sind zwei junge Männer aus Sansibar mit großen Träumen. Diese scheinen sich zu erfüllen, als sie einen riesigen Fisch beim Sprung aus dem Wasser fotografieren und ihre kleine Stadt zum touristischen Hotspot wird. Doch die sensationelle Entdeckung stellt nicht nur die Beziehung der beiden Freunde auf die Probe, sie verändert auch ihre ehemals verschlafene Heimatstadt.
Der britische Sundance-Gewinner Kibwe Tavares realisierte seinen preisgekrönten Film „Robots of Brixton“, während er sein Architektur-Studium absolvierte. Zusammen mit Jonathan Gales und Paul Nicholls gründete er die Produktionsfirma Factory Fifteen, mit der er auch die Spezialeffekte für „Jonah“ kreierte. Er verbindet sein Wissen im Bereich der Architektur mit Storytelling und Animation zur Kreation futuristisch animierter 3D live-action Filme.
*4*
Drexciya, Deutschland/Burkina Faso 2012, 27 Min. / englische OF / Regie: Simon Rittmeier
Simon Rittmeiers Kurzfilm ist inspiriert vom afrofuturistischen Mythos des Ortes „Drexciya“ – einem „schwarzen Atlantis“. Europa ist längst untergegangen. Ein junger Schlepper versucht, europäische Flüchtlinge – in der Hoffnung auf ein besseres Leben in Afrika – in Booten über das Mittelmeer zu bringen. Eines Tages sinkt sein Boot, und er strandet als einziger Überlebender an der afrikanischen Küste. Allein macht er sich auf den Weg in die nächste Großstadt – Drexciya.
Der Filmemacher Simon Rittmeier studierte Bildende Kunst und Film an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg und an der Kunsthochschule für Medien Köln. Oft nutzt er Archivbilder, um die Macht und den politischen Einfluss des Bewegbilds zu erforschen. Seine Filme, zugleich experimentell und essayistisch, befragen soziale Konventionen und klassische Erzählungen über Geschichte.
Die Filme sind englisch untertitelt oder in englischer Sprache. Einführung durch Alex Moussa Sawadogo in deutscher Sprache. Handouts mit deutschsprachigen Kurzbeschreibungen der Filme werden am Abend zur Verfügung gestellt.
Das gesamte Filmprogramm des Afro-Ruhr Festivals fand am 22. und 23.6.2017 im Kino im U (Dortmund) statt. Konzerte, Parties, Vorträge und Gespräche des Afro-Ruhr Festivals waren vom 30.6–2.7.2017 im Dietrich-Keuning-Haus (Dortmund) zu erleben (http://afroruhr.africa-positive.de).
Filmprogramm Afro-Tech kuratiert von: Alex Moussa Sawadogo
Veranstalter Filmprogramm: Büro medienwerk.nrw (Träger des Büros: Hartware MedienKunstVerein)
Partner Filmprogramm: Afrikamera – Aktuelles Kino aus Afrika, Kino im U, Africa Positive e.V.
Kooperationspartner Afro-Tech Fest: Hartware MedienKunstVerein, Interkultur Ruhr, ein Projekt des Regionalverbandes Ruhr (RVR), Africa Positive e.V., Büro medienwerk.nrw
Die Ausstellung wurde gefördert:
im Fonds TURN der Kulturstiftung des Bundes
vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW
Die Projektwoche wurde gefördert:
durch die Bundeszentrale für politische Bildung
vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW
vom Kulturbüro Stadt Dortmund
Hauptförderer HMKV:
Dortmunder U